Landshuter Zeitung vom 28.04.2010

  • Transfer-Theater öffnet - gespielt wird eine "Reise nach Jerusalem"


    Tandem-Lösung im Kannibalen-Kasten: Vogl und Stefaniszin für "Hexer" Cinibulk


    Manager sorgen sich um lukrative Derbys: SC Riessersee künftig in der Oberliga


    Schön langsam wird's Sommer, höchste Zeit also fürs traditionelle Transfer-Theater. Gespielt wird heuer eine "Reise nach Jerusalem" ein Kindergeburtstags-Klassiker, bloß ein bisserl moderner inszeniert, nicht mit Stühlen, sondern mit Toren und ihren Hütern. Im ersten Akt sind die Eishockey-Profis Sebastian Stefaniszin (Iserlohn Roosters), Sinisa Martinovic (Bietigheim Steelers), Martin Cinibulk (Landshut) und Sebastian Vogl (Heilbronn) in den Hauptrollen. Und das geht so: Der "Hahn" verhöhnt die Hennen und wird vom Hof gescheucht, sein Nachfolger soll ein Wahl-Schwabe werden, dessen Nachfolger wiederum ein Kannibale und dessen Nachfolger wiederum ein Falke - und schon hat der HEC verloren und muss sich einen anderen Keeper suchen. Klingt doch lustig, gell?


    Doch Scherz beiseite. Martin Cinibulk bricht nach fünf Jahren seine Zelte in Niederbayern ab . "Finanzielle Aspekte haben für uns den Ausschlag gegeben", sagt LES-Manager Bernd Truntschka. Der gebürtige Tscheche mit deutschem Pass folgt dem Vernehmen nach einem Lockruf ins Ellental. Dort könnte der 34-jährige "Hexer" den vom DEL-Club Iserlohn Roosters umgarnten Sinisa Martinovic beerben und hätte im "Brittig-Heim" unter vielen Exil-Landshutern bestimmt keine Eingewöhnungsprobleme.


    Die Cannibals haben sogleich ihre Fühler nach einem neuen Torwart ausgestreckt - vorzugsweise einen "jungen, talentierten, fleißigen mit deutschen Wurzeln". Und da drängt sich sogar eine Tandem-Lösung förmlich auf: Sebastian Vogl hat nämlich seinen Dienst beim Zweitligarivalen Heilbronn quittiert. Der 23-Jährige, der ohnehin der EVLTalentschmiede entstammt, hatte sich in der vergangenen Saison exzellente Noten als Nummer eins im Falken-Horst verdient. Unterstützen wird ihn Sebastian Stefaniszin. Der 22-jährige Berliner ist bei den Iserlohn Roosters in Ungnade gefallen und heuert jetzt bei den Nürnberg Ice Tigers an . Noch in dieser Woche wollen die LES-Macher das Paket festzurren. "Sebastian Vogl wechselt zu uns und bekommt eine Förderlizenz für Nürnberg, und Sebastian Stefaniszin erhält eine Förderlizenz für Landshut" , sagt Bernd Truntschka: "Das macht für uns sportlich wie finanziell Sinn."


    Hinter den Kulissen wird derweilen schon fleißig am zweiten Akt von "Reise nach Jerusalem" gestrickt diesmal mit Stürmern und Verteidigern. Die Casting-Show hat bereits begonnen. Und deshalb brodelt's in der Grüchteküche gewaltig, tagtäglich werden neue Kandidaten hoch gehandelt. Im Kannibalen-Umfeld halten sich Dominik Hammer (Bietigheim), Max Brandl (Hamburg Freezers), Thomas Brandl (Kölner Haie/Fischtown Pinguins Bremerhaven) oder Gerrit Fauser (Kölner Haie) am hartnäckigsten. "Wir sind wirklich für alles offen", sagt Bernd Truntschka: "Doch so weit sind wir noch lange nicht, wir haben Zeit."


    Szenenwechsel: Die umtriebigen Zweitliga-Manager fürchten bereits drastische Umsatzeinbußen infolge sinkender (lukrativer) Derby-Auflagen und träumen mancherorts schon wieder von einer Liga in weiß-blauer Reinkultur. Zumal der EHC München ans Tor zur DEL trommelt und sich der klamme SC Riessersee laut Geschäftsführer Ralph Bader "definitiv" in die Oberliga zurückzieht.


    Bleiben neben den Landshut Cannibals (O-Ton Bernd Truntschka: "Ich gehe davon aus, dass wir in der 2. Bundesliga spielen") noch der ESV Kaufbeuren und Aufsteiger Rosenheim. Die Starbulls mauern zwar noch ein bisserl, wollen aber - wie aus gewöhnlich sehr gut informierten Kreisen zu hören ist - nur allzu gerne die Zweitliga-Konkurrenz auf die Hörn er nehmen. Ausscheren darf freilich niemand mehr. Sonst wird wohl die Klassenwahl selbst zu einer "Reise nach Jerusalem". -ms-


    Aus der Landshuter Zeitung vom 28.04.2010