Landshuter Zeitung vom 25.01.2011

  • Der Neu-Kannibale Jiri Ehrenberger sieht in Landshut riesengroße Eishockey-Ressourcen


    Talente fördern und fordern - und aus Rohdiamanten echte Edelsteine schleifen


    Für sich selbst favorisiert der 55-jährige Tscheche eine Doppelfunktion: Sportleiter und Chefcoach


    Nicht einmal Eis und Schnee können ihn stoppen: Bei widrigen Bedingungen kämpfte sich Jiri Ehrenberger am Montagmorgen durch Niederbayern. Von seiner Heimatstadt Deggendorf, wo er seit 30 Jahren mit seiner Familie am Fuße der Rusel lebt, bis ins verschneite Landshut - zum Antrittsbesuch in der Sportredaktion der Landshuter Zeitung. Der designierte Sportleiter der Cannibals ist überpünktlich, gibt sich ausgesprochen professionell und hoch motiviert.


    Ruhen doch so viele Hoffnungen auf seinem Engagement. Landshut will wieder oben mitmischen in der 2. Bundesliga, und durch attraktives Eishockey sollen auch wieder mehr Zuschauer ins Stadion gelockt werden. Und das Ganze bei (sehr) überschaubarem Budget, versteht sich.


    Jiri Ehrenberger, der - zumindest vorerst - für eine Saison in der Dreihelmenstadt angeheuert hat, denkt gerne langfristig und möchte künftig vor allem auf die Jugend setzen, sie fördern und fordern. "Landshut leistet hervorragende Nachwuchsarbeit. Es kann nicht sein, dass Talente mit 19 oder 20 Jahren in einer nordamerikanischen oder kanadischen Juniorenliga verbrannt werden, wenn sie bei uns im Seniorenbereich spielen können", sagt Ehrenberger: "In der 2. Liga haben sie die Möglichkeit, auf gutem Niveau sehr viel Spielpraxis zu sammeln. Diese bekommen die Jungen weder in der DEL noch in Amerika. Spielpraxis und viel Training brauchen sie aber, um zu einem kompletten Spieler geformt werden zu können."


    Ehrenberger will sich seine Leute aus dem eigenen DNL-Pool herauspicken. "Da haben wir jede Menge Talente in nächster Nähe. Das müssen wir nutzen", sagt Ehrenberger. Er steht zwar mit Kannibalen-Manager Bernd Truntschka in Kontakt, aber über das Team und den Betrreuerstab für die Spielzeit 11/12 möchte er noch nichts sagen. "Das kommt erst nach dieser Saison. Im Moment beobachte ich viel und zu gegebener Zeit werde ich mich dann mit Bernd Truntschka austauschen, schließlich ist er ein absoluter Eishockeyfachmann." Natürlich würde er, meint der Diplomsportlehrer, zum Manager gerne sagen: "Wir behalten einen Uvira, einen Elsner und einen Krämmer und dann schleifen wir die bis sie nicht mehr gehen können - leider weiß ich im Moment jedoch noch nicht, was in deren Verträgen steht."


    Seit einem guten Jahr, nachdem sein Engagement als sportlicher Leiter beim DEL-Club Krefeld Pinguine im November 2009 endete, ist der 55-jährige gebürtige Tscheche quasi als "Kiebitz" hauptsächlich in den bayerischen Eisstadien unterwegs oder geht seinem liebsten Hobby, dem Mountainbiken im Bayerischen Wald nach: "Das hat bis jetzt sehr gut getan. Ich konnte wieder etwas aufladen. Die Zeit in Krefeld war sehr spannend, aber auch sehr stressig. Insbesondere, als ich Sportleiter und Trainer gleichzeitig war." Gegen eine Doppelfunktion bei den Cannibals hätte er freilich nichts - im Gegenteil: "Ich würde es favorisieren"', sagt Jiri Ehrenberger: "Das ist in der 2. Bundesliga schon ein bisserl anders. Vor allem, wenn man so ein DNL-Team zur Verfügung hat, um Spieler zu rekrutieren."


    Diese hoch gelobte DNL-Truppe des EV Landshut ist dieser Tage allerdings schwer in Bedrängnis. Nach zwei Heimschlappen gegen Düsseldorf sind die Rot-Weißen auf den letzten Tabellenplatz abgerutscht und müssen ernsthaft um den Klassenverbleib bangen. "Wenn das Team absteigt, würde das unser Konzept ganz schön durcheinander bringen", meint Ehrenberger: "Aber•so weit wird es nicht kommen. Da bin ich ganz zuversichtlich."


    Überhaupt ist der neue Sportleiter, der seinen Job offiziell zum 1. Juni 2011 antritt, ein Berufsoptimist. Auch und vor allem, was die Zukunft des Eishockeysports in Landshut anbelangt. Auf die Frage, wo er die Cannibals im Jahr 2020 sieht, antwortet Jiri Ehrenberger wie aus der Pistole geschossen: "In der höchsten Liga." In der DEL? Sicher? Schmunzeln. Kurze Pause, grübel, grübel -und: "Ja, warum eigentlich nicht?" -as -



    Aus der Landshuter Zeitung vom 25.01.2011