"Oh mein Gott - die Garmischer!"
Wurde EVL-Fans vor dem "Tex-Mex" aufgelauert? - Polizei vermutet Schuld auf beiden Seiten
Von Bernhard Beez
War es eine Verabredung zur Schlägerei unter gewaltbereiten Fans, ein geplanter Überfall oder eine zufällige Begegnung, die eskaliert ist? Auch eine knappe Woche nach den Ausschreitungen zwischen Eishockey-Anhängern aus Landshut, Riessersee und Kaufbeuren auf dem Parkplatz der Kneipe "Tex-Mex" beziehungsweise des Gasthofs "Zollhaus" (die LZ berichtete) ist das Bild immer noch ziemlich unklar. Während die Polizei von einem abgesprochenen Treffen ausgeht, ergeben Recherchen der LZ ein anderes Bild: Demnach ist die Aggression vor allem von den Fans aus Garmisch ausgegangen, die den einheimischen Anhängern am Fuße der Goldinger Straße regelrecht aufgelauert haben.
Dies wird zumindest von Nicole Eichhorn vom Team des "Tex-Mex" exakt so geschildert. In der Kneipe hatten sich die Landshuter Fans am vergangenen Freitagabend vor der Partie gegen den SC Riessersee getroffen - wie fast immer vor den Heimspielen des EVL Landshut. "Es war eine ruhige, sehr freundliche Atmosphäre. Alles war wie immer." Nicht das geringste, betont Eichhorn, habe darauf hingedeutet, dass kurz darauf vor dem Lokal eine Schlägerei stattfinden sollte.
Etwa eine Stunde vor Spielbeginn, also gegen 18.30 Uhr, hätten die Anhänger das "Tex-Mex" als Gruppe von etwa 40 Leuten verlassen, weiterhin sehr unaufgeregt. "Vom Fenster aus habe ich dann gesehen. wie sich unten auf dem Parkplatz auf einmal Gruppen gegenüberstanden – und dann ging es auch schon los. Gegenstande wurden geworfen. Menschen stürmten aufeinander los", sagt Eichhorn. Sie sei nach unten gelaufen und habe erst dort erkannt. dass schwarz gekleidete, bedrohlich wirkende Leute vor Ort waren. "Ein Landshuter Fan neben mir war leichenblass und hat geflüstert "Oh mein Gott – das sind die Garmischer".
Die meisten EVL-Fans seien dann ins Lokal zurückgewichen: "Die waren total erschrocken. Die haben niemals damit gerechnet", ist sich Eichhorn sicher. Nach wenigen Minuten sei der Spuk auch schon wieder vorbei gewesen. "Als mit der Polizei gedroht wurde, sind die Garmischer Fans getürmt." Zurück blieben ein Parkplatz, der einem Schlachtfeld glich, und einige Leichtverletzte auf Landshuter Seite, die im Lokal sofort versorgt wurden. Nicole Eichhorn glaubt definitiv nicht an eine Verabredung unter gewaltbereiten Fans: "Wenn ich so etwas vorhabe, dann mache ich das doch nicht direkt vor meiner Stammkneipe. Wenn das rauskommt, bin ich da zum letzten Mal drin gewesen und bekomme außerdem so richtig Ärger." Nach dem Spiel seien die betroffenen EVL-Anhänger sogar wieder gekommen: "Und auch da war ihnen der Schock über das Erlebte noch deutlich anzusehen."
"Völlig untypisch"
Die einheimischen Anhänger ausschließlich als Opfer - dieser Sichtweise will sich die Polizei nicht anschließen. Sie geht weiter davon aus, dass es zumindest unter Teilen der rivalisierenden Fangruppen zu Absprachen über eine Prügelei gekommen ist. Polizeioberkommissar Franz Hundhammer liefert eine Erklärung für diese Theorie: "Normalerweise sind diese Landshuter Fangruppierungen immer mindestens eine Stunde vor Spielbeginn bereits im Stadion. Das war diesmal nicht der Fall - und das ist für sie völlig untypisch." Die hätten genau gewusst, lautet seine Schlussfolgerung, dass etwas geplant sei. Die Polizei empfiehlt nun, Stadionverbote auszusprechen: für 19 Landshuter Fans und insgesamt 30 Anhänger aus dem Riesserseer und Kaufbeurener Umfeld.
Diese "schwarze Liste" stößt Christian Donbeck, Geschäftsführer der LES, schwer auf: "Da stehen Leute drauf, die weder beim Spiel selbst noch bei den Vorfällen beim "Tex-Mex" dabei waren. Ich kann doch denen kein Stadionverbot geben aufgrund irgendwelcher Vorkommnisse aus der Vergangenheit - für die sie ja auch bereits bestraft worden sind." Da gebe es doch überhaupt keine Grundlage dafür. "Das Gießkannenprinzip kann hier keine Lösung sein", sagt Donbeck. "Man muss vielmehr die einzelnen Personen rausfiltern, die gewaltbereit sind. Das sind keine Sportfans."
Gewaltbereite Gruppierung
Diese Linie verfolgt auch der Landshuter Fanbeauftragte Thomas Witt: "Ich möchte konkret wissen, wer dabei war und was er getan hat. Gegen flächendeckende Stadionverbote verwehre ich mich." Auch auf Landshuter Seite, darauf weist Witt ausdrücklich hin, gebe es bei den Aussagen durchaus die eine oder andere Ungereimtheit: "Zum Beispiel waren auch auf EVL-Seite Anhänger von anderen Vereinen mit dabei. Da müssen wir noch herausfinden, ob das ein reiner Freundschaftsbesuch war - oder ob im Vorfeld eben doch etwas geplant war."
Die Eskalation im Umfeld der Spiele gegen Riessersee habe ihn indes nicht überrascht: "Schon vor der Saison habe ich bei Gesprächen darauf hingewiesen, dass es in Garmisch eine gewaltbereite Fangruppierung gibt", sagt Witt. Seine Empfehlung, Partien gegen Riessersee als "Risikospiele" zu deklarieren, sei jedoch nicht umgesetzt worden: "Leider hat man das nicht ernst genommen."
Am Freitag steigt nun das nächste bayerische Derby, dann kreuzt der ESV Kaufbeuren im Eisstadion am Gutenbergweg auf. Die Polizei will auf alles vorbereitet sein: "Unsere Linie wird noch ausgearbeitet", sagt Polizeioberkommissar Hundhammer. Eines sei aber klar: "Wir werden gerüstet sein und jegliche Randale im Keim ersticken."
Aus der Landshuter Zeitung vom 20.02.2014