Vor 40 Jahren...

  • Vor 40 Jahren gewann der EV Landshut seine erste deutsche Meisterschaft — und wie:


    Viel Herz und ein hervorragender Psychologe

    Wie 17 „Buam“ aus der Dreihelmenstadt im März 1970 die Eishockey-Ordnung ins Wanken brachten



    Von Alexandra Schweiger


    Nackt, wie Gott ihn geschaffen hat, ist er in der Stunde seines größten Triumphes überrascht worden. Blumen sollte der Kapitän in Empfang nehmen, weil er vor wenigen Minuten mit seiner Mannschaft die 50. deutsche Eishockeymeisterschaft gewonnen hatte. Es war der erste Meistertitel für den EV Landshut, und der Präsident der Deutschen Eislauf-Union, Herbert Kunze, wollte nun EVL-Kapitän Kurt Schloder einen Strauß roter Nelken in die Arme drücken. Zum Glück ging just in diesem Moment das Licht der Kabine in Garmisch für kurze Zeit aus. Kurt Schloder konnte sich schnell verkriechen und wenigstens eine Unterhose überstülpen. „Nackt kann man schließlich dem Präsidenten nicht gegenübertreten“, erklärte Kurt Schloder 1970 einem Reporter der Münchner Abendzeitung.



    Das 3:1 in Garmisch


    40 Jahre ist es nun her, dass der Eislaufverein Landshut die erste deutsche Meisterschaft nach Niederbayern geholt hat. Dass eine komplette Stadt Kopf stand. Im vorletzten Spiel der Meisterrunde hat der EVL mit einem 3:1-Sieg gegen den SC Rießersee in Garmisch den Sack zugeschnürt. Rudi Hejtmanek, der tschechoslowakische Mittelstürmer aus der dritten Reihe, brachte die Landshuter in der elften Minute mit 1:0 in Front. Dann folgte Alois Schloders erster Streich zum 2:0 in der 19. Minute. Toni Hofherr vom SCR machte es in der 39. Minute vor 9000 Zuschauern noch einmal spannend, in dem er auf 2:1 verkürzte. Doch gleich zu Beginn des letzten Drittels (41. Minute) traf Alois Schloder zum 3:1-Endstand. Dass dieses 3:1 über 19 Minuten bis zum Spielende gehalten werden konnte, hatte die Mannschaft vor allem ihrem Torwartkoloss Sepp Schramm zu verdanken. Selbst wenn er keine Handschuhe getragen hätte, wäre der Puck vermutlich einfach in seinen Riesenpranken verschwunden. Er hütete das Tor wie Zerberus den Hölleneingang. Vier Mann brauchte es, um den Torwart bei der Ehrenrunde in die Luft zu stemmen.



    Erst Limo, dann Schampus


    In der Kabine feierte man dann noch mit Limonade, wie aus den Chroniken hervorgeht. Den Champagner wollte der damalige EVL-Präsident Ernst Gabriel erst zwei Tage später bei der großen Meisterfeier in Landshut köpfen. Alois Schloder erinnert sich jedoch: „Die Sau haben wir schon noch raus gelassen. Daheim in Landshut...“


    11000 Fans zwängten sich schließlich beim letzten Saisonspiel ins Stadion am Gutenbergweg. Das erzählen sich zumindest die, die dabei waren. Andere, die auch dabei waren, sprechen von mehr als neuntausend. „Auf alle Fälle waren alle dicht gedrängt und es hatte vermutlich nicht einer mehr Platz“, erinnert sich Alt-Oberbürgermeister Josef „Dick“ Deimer. Der hatte auch zum großen Triumph beigetragen. Auf seine Weise. Durch das große Engagement des Alt-OB bekam das Eisstadion am Gutenbergweg gut zwei Jahre zuvor ein Dach über das Eis. Eine Grundvoraussetzung, um regelmäßig trainieren zu können.



    Meistermacher Karel Gut


    Und Deimer hatte auch die Finger mit im Spiel, als zwei Jahre vor dem großen Erfolg der entscheidende Schachzug zur Meisterschaft gemacht wurde: Die Verpflichtung des tschechoslowakischen Top-Trainers Karel Gut. Ein Mann, dessen Erwähnung den Helden von 1970 schon das Herz erwärmt. „Er hatte die Gabe, aus jedem Spieler das Optimale herauszuholen“, schwärmt noch heute die lebende Eishockey-Legende Erich Kühnhackl, damals 20 Jahre alt und erst kurz zuvor aus der Tschechoslowakei ausgewandert. „Gut hat mich geprägt und sehr positiv beeinflusst.“


    „Er war eine Vaterfigur. Er hatte Autorität, ohne auch nur den geringsten Druck auf uns Spieler auszuüben“, erinnert sich auch Toni Steiger: „Wir Spieler sind für ihn gelaufen und haben für ihn gekämpft.“ 13 Jahre nach dem ersten Meistertitel holte Steiger als Assistenz-Trainer von Karel Gut zum zweiten Mal die deutsche Eishockeymeisterschaft nach Landshut.


    Heute ist Karel Gut 82 Jahre alt und Ehrenpräsident des tschechischen Eishockeyverbands. Zwischenzeitlich wurde er als Trainer zwei Mal Weltmeister mit der Tschechoslowakei, holte zwei Olympische Silbermedaillen mit seinem Nationalteam und etablierte sich als einer der weltbesten Eishockeytrainer. Privat gründete er in seiner Heimat eine Firma für Reinigungsmittel.


    Das letzte Saisonspiel im Meisterjahr 1970 gegen den Krefelder EV endete übrigens mit 7:0 für Landshut. Gleichzeitig sicherte sich der Landshuter Ausnahmestürmer Alois Schloder mit 15 Saisontreffern den Titel des Torschützenkönigs. Es war noch einmal eine Demonstration der Überlegenheit einer homogenen Mannschaft aus 16 Landshutern und einem perfekt dazu harmonierenden Torjäger Rudi Hejtmanek. Toni Steiger sagt heute: „Wir hatten drei Reihen, aber jede war stark genug, ein Spiel zu entscheiden.“


    Die Phalanx der bis dato besten deutschen und gleichzeitig bayerischen Vereine war endgültig gebrochen: Rießersee, Tölz und Füssen mussten den Landshutern weichen. Nach Jahren der Demütigung und des ewigen „Hinten-Anstellen-Müssens“ haben es die Niederbayern in den Eishockeyolymp geschafft und neben dem Pokal und der bayerischen Meisterschaft auch noch die „Deutsche“ nach Landshut geholt. Der Name der Provinzstadt Landshut hallte nun durch Deutschland. Im Fernsehen, im Radio, in den überregionalen Zeitungen. Überall erzählte man sich die Geschichte der niederbayerischen Haudegen, die es mit Talent, noch mehr Herz und einem hervorragenden Psychologen als Trainer im Eishockey zu Ruhm und Ehre gebracht haben.



    Autokorso durch die Stadt


    Als am 31. März 1970 ein Autokorso durch die Innenstadt von Landshut fuhr, jubelten Tausende Fans am Straßenrand. Der damalige EVL-Vizepräsident und Team-Manager, Leopold Eichbichler, hatte die angesagtesten Cabrios dieser Zeit organisiert, mit Blumen schmücken lassen und seine Spieler hineingesetzt. Die Auslagen der Geschäfte waren in den EVL-Farben Rot und Weiß geschmückt. Jeder wollte den Heiden etwas Gutes tun. So gab es neue Schuhe von Sutor, einen schicken Mantel und einen Trachtenanzug vom Lederfabrikanten Zeiler. Die Stadt sonnte sich im Glanz ihrer Matadore. Und noch heute strahlen Spieler und Trainer der Meistermannschaft im Rampenlicht der Geschichte. „40 Jahre ist das her?“, fragt Erich Kühnhackl ungläubig. „Mir ist, als wär‘s gestern gewesen.“


    Aus der Landshuter Zeitung vom 26.03.10

  • Geil, das mach mal heutzutage.
    Da fragen sich sicher einige "Haben wir WM und die Russen sind weitergekommen oder was sind das für Farben?"