Personal-Forderung hier, Forderungsausfall dort - die Cannibals haben null Spielraum
"Da beißt sich die Katze in den Schwanz"
LES-Gesellschafter Michael Imhoff spricht im LZ-Interview über Turbulenzen und Tendenzen
Die Punktausbeute ist bisher enttäuschend, die Zuschauerzahlen sind's ebenfalls, und dann hat auch noch Hauptsponsor Stefan Neuhuber Insolvenz angemeldet - keine Frage, der hiesige Eishockey­Zweitligist Landshut Cannibals steckt in schweren Turbulenzen, in sportlicher wie in wirtschaftlicher Hinsicht. Und daraus macht LES­Haupgesellschafter Michael Imhoff im Interview mit LZ-Sportredakteur Michael Selmeier auch keinen Hehl: "Wir sind derzeit in einer schwierigen Lage."
Herr Imhoff, sportlich läuft's bei den Cannibals nicht rund. Nach 16 Spielen, also fast einem Drittel der Doppelrunde, stehen gerade 15 Punkte und Rang elf zu Buche, und Manager Bernd Truntschka hat die Vorgabe schon merklich nach unten korrigiert. Die Pre-Playoffs sind das neue Ziel. Eine Entwicklung, die Sie etwas beunruhigen dürfte.
Michael Imhoff: "Natürlich. Unsere Situation ist sicherlich nicht einfach. Wir sind jedoch auch in der vergangenen Saison schlecht gestartet, nur sind wir halt etwas schneller in die Erfolgsspur eingebogen. Nun haben wir einen Mentalcoach dazugeholt, separate Übungseinheiten eingebaut, und diese Maßnahmen greifen allmählich. Seither haben wir wenigstens in der regulären Spielzeit nicht mehr verloren."
In der Tat, ein Aufwärtstrend ist nicht zu leugnen. Nur wollten die Fans gleich Köpfe rollen sehen ...
Imhoff: "Solche Forderungen nach neuen Spielern oder einem Trainerwechsel werden bei ausbleibenden Erfolgen immer schnell laut. Nur da beißt sich die Katze in den Schwanz. Denn wenn kein Geld da ist, kann man auch keins ausgeben. Zumal wir ja auch um die wackelige Sponsoren-Geschichte wussten."
Apropos Manager: LES-Geschäftsführer Bernd Truntschka fährt seit Wochen einen Schlingerkurs. Erst übte er sich in Gelassenheit, wollte sich nicht einmischen, überließ Team und Trainer Tobi Abstreiter sich selbst, dann nahm er plötzlich alle Schuld inklusive Fehler in der Personalpolitik auf sich und kokettierte gleichzeitig wieder mal mit Rückzugsabsichten - zumindest im sportlichen Sektor. Die Fans sind irritiert, Sie auch?
Imhoff: "Nein. Ich glaube, das ist wohl etwas missverständlich rübergekommen. Bernd Truntschka hat einen harten und aufreibenden Job, den er gut macht. Sponsoren-Akquise und Sponsoren-Pflege sind das Allerwichtigste im Tagesgeschäft. Diese Aufgaben nehmen sehr viel und immer mehr Zeit in Anspruch. Deshalb ist es in meinen Augen sinnvoll, über eine Trennung von sportlichem und wirtschaftlichem Bereich nachzudenken. Ein Trainer, der in Personalunion auch den Sportsektor abdeckt, wäre nicht die schlechteste Lösung."
Gelöst hat sich zuletzt auch die Zurückhaltung der Zuschauer. Im Derby gegen Rosenheim strömten exakt 4191 Fans ins Eistadion am Gutenbergweg. Davor waren's in sieben Heimspielen trotz diverser Sponsorenaktionen im Durchschnitt bloß 1695 Besucher. Das ist – auf gut bayerisch - zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel.
Imhoff: "Na ja, wir hatten bis dato acht Heimspiele, also müssen wir die Zahlen schon im Ganzen betrachten. Dann sind wir im Schnitt immerhin bei 2007 Besuchern. Auch das ist immer noch recht wenig, aber es schaut nicht ganz so schlecht aus. Und solche Ausreißer nach oben brauchen wir einfach. Im Vorjahr waren's die Duelle mit München, Riessersee und Kaufbeuren, heuer sind's eben Rosenheim und Kaufbeuren."
Und wenn schon mal der Wurm drin ist, dann gleich richtig. Nun hat Hauptsponsor Stefan Neuhuber, Chef der gleichnamigen Hoch-und Innenausbaufirma, Insolvenz angemeldet. Sie hatten ja schon vor der Saison ein bisserl ein mulmiges Gefühl mit dem neuen Partner.
Imhoff: "Das stimmt in der Tat. Und leider haben sich meine Befürchtungen in den vergangenen Wochen immer mehr bestätigt - bis zum bitteren Ende."
Für Herrn Neuhuber bestimmt. Die Cannibals scheinen dagegen mit einem dunkelblauen Auge davonzukommen, obschon rund 88000 Euro weniger im Säckel für die LES auch nicht gerade unter die Kategorie "Peanuts" fallen.
Imhoff: "Wir sind heilfroh. dass ebm-papst ab sofort und sogar inklusive der Saison 2011/12 als neuer Hauptsponsor bei uns einsteigt. Freilich bei weitem nicht zu denselben Konditionen wie Neuhuber. Zudem sind wir in aussichtsreichen Gesprächen mit einer großen deutschen Bank. Mit beiden Sponsoren hätten wir etwa die Hälfte des Forderungsausfalls aufgefangen. Jetzt müssen wir Geduld haben und versuchen, auch die Restsumme auszugleichen. Schließlich wollen wir keine Schulden machen."
Und dann geht's wieder aufwärts mit den Cannibals ...
Imhoff: "Ich hoffe. Und bin deutlich optimistischer für die restlichen zwei Saisondrittel."
Aus der Landshuter Zeitung vom 19.11.2010