Kannibalen machen auf dem Eis Hausaufgaben - und treiben hinter den Kulissen ihre Zukunftsplanungen voran
LES-Gesellschafter Rainer Beck bemüht sich um Lizenz der Hannover Scorpions - und klopft auch andere Optionen ab
Zum Beispiel erscheint ein Einstieg in die internationale Eishockey-Liga EBEL möglich: Erste Kontakte sind bereits geknüpft
Frühling 2012: Nach einem späten und strengen Winter werden die Tage wieder länger, die Temperaturen wieder wärmer, die ersten Pflanzentriebe sprießen. Auch die Gerüchte über eine bevorstehende Rückkehr der Landshut Cannibals in die Deutsche Eishockey-Liga, kurz DEL, wachsen und gedeihen. Was ist dran? Wie weit ist der Stand der Planungen? Wie realistisch ist überhaupt erstklassiges Eishockey in der Dreihelmenstadt? Und müssen die Erstligagegner dann wirklich Berlin, München, lngolstadt oder Straubing heißen, oder könnten nicht bald schon Wien, Zagreb, Budapest, Linz und Klagenfurt im Stadion am Gutenbergweg aufkreuzen? Eine Bestandsaufnahme.
Fakt ist zunächst einmal, dass es schlichtweg unmöglich ist, sich auf sportlichem Weg für die DEL zu qualifizieren. Dies liegt daran, dass die DEL und die 2. Eishockey-Bundesliga nicht miteinander verzahnt sind. Sprich: Der Zweitliga-Meister 2011/12 hat - ganz gleich, wie er spätestens am 27. April 2012 heißen mag - anders als beispielsweise im deutschen Fußball, Handball oder Basketball - kein Aufstiegsrecht. Ein Einstieg in die DEL ist lediglich möglich, wenn ein Erstligaclub seine Lizenz loshaben will. Die Lizenz kann der betreffende Club entweder für 400000 Euro direkt an die DEL zurückgeben oder an den meistbietenden Interessenten verkaufen.
Momentan erwägen die Hannover Scorpions ernsthaft einen Rückzug aus der höchsten deutschen Spielklasse. Mit deren Clubeigner Günter Papenburg verhandelt derzeit LES-Gesellschafter Rainer Beck um die Lizenz: "Wir sind mit Hannover im Gespräch. Ich habe mich mit Herrn Papenburg während des Fußballspiels der Münchner Bayern gegen Hannover 96 in der Loge getroffen", sagt der Immobilien-Kaufmann - und fügt mit einem Schmunzeln hinzu: "Wir verstehen uns recht gut! Wir kommen ja beide aus der Bau-Branche." Dies hat man natürlich auch im Rathaus in der Altstadt registriert: Wie die Landshuter Zeitung bereits berichtete, werden momentan Pläne ausgearbeitet, um das Eisstadion am Gutenbergweg auf Erstligareife zu trimmen.
Dies heißt im Umkehrschluss freilich noch lange nicht, dass bereits alles in trockenen Tüchern ist. "Wir arbeiten parallel zu den Playoffs intensiv daran, einen DEL-Einstieg zu realisieren", sagt Rainer Beck. "Nur eines muss auch klar sein: Wir wollen nicht um jeden Preis in die DEL." Seine Handlungsmaximen für ein Erstliga-Engagement lauten vielmehr klipp und klar: "So bald und so günstig wie möglich!"
Der von Beck favorisierte Weg sind die Verhandlungen mit Hannovers Eishockey-Boss Papenburg, "denn wenn wir uns mit dem einig werden, haben wir die DEL-Lizenz." Die Umbenennung derselben - von Scorpions zu Cannibals - durch die DEL wäre in dem Fall mehr oder weniger nur Formsache.
Aber auch so kann man sich mit der Entscheidung darüber, welche Liga die Cannibals definitiv anpeilen, Zeit lassen. Mindestens bis zum 24. Mai, denn erst dann endet die Bewerbungsfrist bei der DEL. Deren Geschäftsführer Gernot Tripcke wollte sich zu einem möglichen Einstieg der Niederbayern in die DEL nicht äußern. "Ich kann nur soviel sagen: Bis zum Stichtag im Mai müssen sowohl eine Sicherheitsleistung als auch die vollständigen Bewerbungsunterlagen eingereicht sein." Oder die Cannibals sind bis dahin eben schon mit den Scorpions im Geschäft. Einzig bislang bekannter Konkurrent der Landshuter beim Handel um eine DEL-Lizenz sind die Schwenninger Wild Wings. Doch die fürchtet Rainer Beck ohnehin nicht: "Ich weiß, die wollen auch rein."
Generell sieht der gebürtige Landshuter die Dinge nicht allzu eng: "Für uns zählt im Moment nur die Zweitliga-Meisterschaft - und wenn wir die in der Tasche haben, dann ergeben sich alle anderen Optionen ganz von alleine." Zum Beispiel die: Beck könnte sich mit seinen Kannibalen durchaus ein Engagement außerhalb der deutschen Grenzen vorstellen. "Ich find‘ eine Eishockey-Europa-League klasse."
Die gibt's in gewisser Form schon und heißt EBEL. Dort spielen neben Austria-Teams wie den Graz 99ers oder den Vienna Capitals auch Clubs aus Tschechien, Ungarn, Slowenien und Kroatien. Erste Kontakte hat die EBEL mit den Landshutern bereits geknüpft. Ein intensiverer Flirt ist anberaumt. Rainer Beck dazu: "EBEL-Boss Christian Feichtinger wird bei unserem nächsten Heimspiel - sei es im Halbfinale oder Finale - in Landshut unser Gast sein, und dann werden wir uns konkret über die gebotenen Möglichkeiten unterhalten."
Interessante Perspektive: Der Eishockey-Traditionsclub Landshut, 1970 und 1983 deutscher Meister und möglicherweise 2012 Zweitliga-Champion, in einer internationalen Liga. -nag/el-
Aus der Landshuter Zeitung vom 06.04.2012